Vortrag von Dr. Kerstin Kowarik und Mag. Hans Reschreiter auf Einladung des AK Eisenzeit

11.04.2019

Hallstätter Beziehungsgeschichten: Mensch - Bergbau - Umwelt

Als 2. Teil der Vortragsreihe zu unserem Jahresthema Salzwelten Eisenzeit durften wir Dr. Kerstin Kowarik und Mag. Hans Reschreiter sehr herzlich am Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie begrüßen. Mit ihrem Vortrag zum Thema "Hallstätter Beziehungsgeschichten: Mensch - Bergbau - Umwelt", ermöglichten sie uns einen spannenden Einblick in die Welt der prähistorischen Bergleute von Hallstatt.

Hans Reschreiter ist im Naturhistorischen Museum Wien als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Seit 2001 leitet er die Ausgrabungen und Forschungen des prähistorischen Salzbergwerks von Hallstatt. Des Weiteren arbeitet er bei vielen Projekten rund um Hallstatt mit, so leitet er seit 2012 das Sparkling Science-Projekt Hallstatt "Holz für Salz". Ein wichtiger Teil seiner Arbeit besteht auch in der Öffentlichkeitsarbeit für die Hallstatt-Forschung. "Archäologie am Berg" ist eine jährliche Didaktik- und Öffentlichkeitsveranstaltung der Hallstatt-Forschung auf dem Hallstätter Salzberg, eine Veranstaltung, die wir sehr empfehlen möchten.

Kerstin Kowarik war nach zahlreichen Ausgrabungen in Ägypten, Burkina Faso, Deutschland, Frankreich und Österreich von 2002-2009 freie Dienstnehmerin der prähistorischen Abteilung im Naturhistorischen Museum Wien. Nun ist sie Projektleiterin und war in dieser Funktion von 2010-2012 für das Projekt "Hall-Impact: Disentangling climate and culture impact on prehistoric alpine cultures" verantwortlich. Seit 2017 leitet sie das Projekt "FACEALPS - 3500 Years of man-environment interrelations in the UNESCO World Heritage region of Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut".

Mit einem sehr bildreichen und humorvollen Vortrag stellten die Vortragenden ihre Forschungsergebnisse zu der Frage vor: "Wie haben die Menschen über tausende von Jahren hinweg die Hallstätter Region beeinflusst?"

Die Hallstätter Landschaft, Foto: D. Brandner, NHM Wien.
Die Hallstätter Landschaft, Foto: D. Brandner, NHM Wien.

Um uns in das Thema einzuführen, erläuterte Hans Reschreiter die Forschungsgeschichte des Bergwerks und dessen Umgebung. Die Bedeutung des prähistorischen Bergbaues wird damit unterstrichen, dass es nur weltweit drei Fundstellen dieser Art gibt, nämlich in Dürrnberg, im Iran und Hallstatt. In Hallstatt konnten schon seit dem Neolithikum Besiedlungspuren in Form von Steinwerkzeugen nachgewiesen werden. Ab der Mittelbronzezeit begann dann der Bergbau, zog sich über die Eisenzeit hinaus in eine Epoche, in welcher die Römer in Hallstatt an der Macht waren. Durch die großartige Konservierung verschiedenster Funde im Salz konnte die Lebensweise der Hallstätter Bergleute sehr gut rekonstruiert werden.

Zu den perfekt erhaltenen Funden zählen etwa Rucksäcke, Schuhe, Textilien und Werkzeuge, aber auch Essensreste und Koprolithen. Bemerkenswert bei diesen Funden ist, dass die Geräte und Werkzeuge dem Anschein nach regionsspezifisch angefertigt wurden. Es konnten keine Überschneidungen mit den Kupferabbauwerkzeugen der nahegelegenen Bergwerke ausgemacht werden, obwohl ein reger Güteraustausch mit diesen stattgefunden haben muss. Ja, die Hallstätter machten Vieles anders und waren wirtschaftlich gesehen sehr erfolgreich, was die reichen Funde aus den Gräbern der älteren Eisenzeit belegen.

In der langen Geschichte von Hallstatt konnten mehrere Verschüttungen des gesamten Bergwerkes festgestellt werden, was jedoch in keinem Fall das Ende der Besiedelung bedeutet hat. Man vermutet, dass neben den Bewohnern von Delphi die Hallstätter die reichste Gesellschaft der älteren Eisenzeit darstellten. Faszinierend dabei ist, dass die Menschen von Hallstatt weiterhin im Bergwerk arbeiteten und ihren Reichtum nicht auskosten konnten, was anhand ihrer Knochen sichtbar wurde. Beinahe jedes Skelett wies starke Belastungsspuren auf. Anhand anthropologischer Untersuchungen kann heute festgestellt werden, dass bereits Jugendliche im prähistorischen Bergwerk tätig waren. Die Belastungsspuren geben eindeutig Aufschluss auf die Art der Tätigkeiten, welche Männer, Frauen und Kinder ausführten. Doch die Skelette weisen auch auf Krankheiten, bspw. Entzündungen, hin, unter denen viele prähistorische Bergleute litten.

Wie haben die Menschen nun die Hallstätter Region, die Landschaft, beeinflusst? Wie können wir ihre Spuren auch heute noch feststellen?

Kerstin Kowarik stellte das aktuelle Forschungsprojekt "Facealps: 3500 Jahre Mensch-Umwelt-Beziehung rund um den Hallstättersee" vor. Mit modernsten Analysemethoden wurden das am Berg befindliche Moor sowie die Seesedimente des Hallstättersees untersucht. Mit Hilfe eines Fächerecholots wurde ein hochauflösendes Tiefenmodell des Hallstätter Sees angefertigt. Dieses Modell ermöglicht die genaue Darstellung von Felsstürzen, Massenbewegungen etc. Im Hochtalmoor Siegmoos wurden Bohrungen durchgeführt, welche pollenanalytisch untersucht wurden.

Historische Berichte und Karten sowie geochemische Analysen ergänzen das Bild der Region. So konnte der Einfluss des Menschen in die Umwelt rund um das Bergwerk untersucht werden. Offensichtlich steht die Umweltveränderung in einem engen Zusammenhang mit einem Umbruch bei der Organisation und einer zunehmenden Kontrolle der Landschaft durch die prähistorischen Menschen.

So verwirrend die Pollenananlysen auf den ersten Blick erscheinen mochten, so deutlich wurde den Zuhörern allmählich, wie sich die Landschaft tatsächlich veränderte, da der Druck auf die Ressourcen enorm war. Der für den Bergbau zweifelsohne hohe Holzbedarf beispielsweise schlägt sich tatsächlich in einer großen Reduktion des Baumbestandes nieder, vergleichbar mit derjenigen, die wir aus dem Mittelalter kennen.

Am Ende der Präsentation bekamen wir noch einen bemerkenswerten Einblick in das neueste Projekt von Hallstatt. Ab Mai 2019 wird es den Besuchern ermöglicht, mit Hilfe von Virtual Reality Brillen selbst in das Bergwerk einzutauchen und sich mitten im Geschehen zu befinden.

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Zuhörer im Rahmen eines Postcolloquiums die Möglichkeit, den beiden Vortragenden weitere Fragen zu stellen. Der Abend konnte damit in einer sehr angenehmen Atmosphäre ausklingen.

Wir danken Kerstin Kowarik und Hans Reschreiter für einen überaus abwechslungsreichen und interessanten Vortrag und wünschen ihnen für ihre weiteren Forschungen und Auswertungen alles Gute!

Hier erfahrt ihr mehr über die prähistorische Bergwelt von Hallstatt und das Projekt "Facealps":

https://facealps.com
https://www.nhm-wien.ac.at/hallstatt

  Ein überaus netter Ausklang nach einem überaus lehrreichen Abend, vielen Dank! Prost!
Ein überaus netter Ausklang nach einem überaus lehrreichen Abend, vielen Dank! Prost!
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