Vortrag von Dr. Karin Wiltschke-Schrotta auf Einladung des AK Eisenzeit

08.01.2019

Der Dürrnberg bei Hallein - Ein Zentrum keltischer Kultur am Nordrand der Alpen: Die Menschen vom Dürrnberg


Am 8. Jänner 2019 war es endlich soweit: Am Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie fand der erste von uns organisierte Vortrag statt. Im Rahmen unseres Jahresthemas Salzwelten Eisenzeit konnte der Arbeitskreis Dr. Karin Wiltschke-Schrotta für einen spannenden Vortrag über die Menschen vom Dürrnberg gewinnen.

Karin Wiltschke ist seit 1995 am Naturhistorischen Museum in Wien als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin der Röntgenbildsammlung sowie der osteologischen Sammlung (national) angestellt. Außerdem ist sie seit kurzem Leiterin der Anthropologischen Abteilung im NHM. Sie hat in vielen Projekten zur Untersuchung menschlicher Skelette quer durch die Epochen mitgearbeitet und viele Ausstellungen geplant, koordiniert und betreut.

Ihre Liebe zu Osteologie, Paläopathologie und Gräberfeldanalysen (Forschungsschwerpunkte) konnte man in Karin Wiltschkes Vortrag gut erkennen, ebenso wie ihre langjährige Erfahrung mit Öffentlichkeitsarbeit und als Lehrbeauftragte. Ihr Vortrag war nicht nur sehr informativ, sondern auch sehr lebendig und anschaulich gestaltet, immer mit einer Brise Humor an der richtigen Stelle.

Die Erforschung des Dürrnbergs, der die Kelten des 5.-3. Jahrhunderts v. Chr. durch den Salzabbau zu großem Reichtum kommen ließ, führte bisher zu Erschließung von 350 Gräbern mit über 600 Individuen. Dabei werden die regional auseinander liegenden Gräberfelder anthropologisch wie archäologisch einzeln untersucht, wobei die Ergebnisse anschließend in den seit 2012 veröffentlichten Bänden der Dürrnberg-Forschung publiziert werden.

Als größtes Problem und daher größte Herausforderung stellte sich für Karin Wiltschke der Zustand der Gräber heraus. Abgesehen von der teilweisen Zerstörung der Skelette durch sauren Boden, kam es immer wieder zu Einbrüchen der Grabanlagen und damit zur Zerstörung der menschlichen Überreste. Die teils verlorengegangenen oder unvollständigen Grabungsberichte der Archäologen machten die Arbeit nicht unbedingt einfacher. Leider können viele Individuen nicht mehr eindeutig bestimmt werden.

Immer wieder betonte die Vortragende daher, wie wichtig eine Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen ist, vor allem der Archäologie und der Anthropologie, um sich gemeinsam der Analyse und Auswertung der Gräber anzunähern. Oft fehlen der Anthropologin vollständig erhaltene Knochen zur Alters- bzw. Geschlechtsbestimmung sowie den Archäologen Grabbeigaben fehlen, um Aussagen bspw. über die Zahl der Individuen treffen zu können.

Als bemerkenswert stellte Frau Wiltschke die reich ausgestatteten Gräber, darunter auch zahlreiche Kindergräber, heraus. Lediglich die Kinder bis zu einem Alter von 1 Jahr fehlen. Ansonsten wurden die Kinder sehr wohl mit den Erwachsenen beigesetzt. Wo und wie die Neugeborenen beigesetzt wurden, ist noch offen und als zukünftige Forschungsfrage sicherlich äußerst interessant.

Durch die erstmals für diesen Vortrag gegenübergestellten Auswertungen der einzelnen Gräberfelder haben sich viele neue Fragestellungen ergeben, sei es, dass die auffallend hohe Anzahl von Eckzahnfehlstellungen eventuell genetisch bedingt ist, sei es, dass die Individuen vom Dürrnberg bei weitem nicht die körperlichen Abnutzungserscheinungen zeigen wie dies in Hallstatt der Fall ist. Wo sind daher die Individuen bestattet, die im Bergwerk gearbeitet haben? Wurde eine andere Abbautechnik angewandt?

Interessant waren schließlich auch die Ausführungen über verschiedene Verletzungen und Mangelerkrankungen, wie Schmelzhypoplasien, die bereits im Alter von 4 - 5 Jahren auftraten. Verschiedene Missbildungen sowie zahlreiche latènezeitliche Trepanationen, darunter auch Mehrfach- und Schnitttrepanationen konnte Karin Wiltschke bisher nachweisen. Dass die Menschen vom Dürrnberg verschiedene Größen von Kreisbohrern kannten, beweisen die Amulette aus menschlichen Schädelknochen, sogenannte Rondelle, die bereits international Aufsehen erregt haben.

Der Vortrag wurde durch informative Details zur Geschlechts- und Altersbestimmung ergänzt sowie durch die interessanten Ausführungen zur Entstehung der jährlich publizierten Bände der Dürrnberg-Forschung.

Wir danken Karin Wiltschke für einen überaus abwechslungsreichen und interessanten Vortrag und wünschen ihr für ihre weiteren Auswertungen und Publikationen alles Gute!


Wer mehr über den Dürrnberg erfahren möchte, kann die Bände der Dürrnberg-Forschung z.B. in der Bibliothek des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie studieren oder unter folgenden Links weiterlesen:

www.salzwelten.at/de/hallein/bergwerk/geschichte/
www.keltenmuseum.at

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